Verantwortung übernehmen, Zukunft gestalten: Hohenahrs Bürgermeister im Halbzeit-Gespräch

Nach drei Jahren Amtszeit zieht Bürgermeister Markus Ebertz eine erste Bilanz. Im Gespräch gibt er Einblicke in die Herausforderungen, Erfolge und Pläne für die Zukunft der Gemeinde Hohenahr.

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Herr Ebertz, wenn Sie auf die vergangenen drei Jahre zurückblicken: Was war für Sie das prägendste Erlebnis Ihrer bisherigen Amtszeit?

Das wohl prägendste war die berufliche Transformation. Nach über 25 Jahren Selbstständigkeit war der Wechsel in das komplexe kommunale Aufgabenfeld eine enorme Veränderung. Plötzlich trägt man Verantwortung für ein großes Team von über 160 Mitarbeitenden in Verwaltung, Bauhof, Kindergärten und Sozialstation. Diese Vielfalt an Aufgaben und Akteuren war neu für mich, aber zugleich auch eine bereichernde Herausforderung, die meinen Horizont erweitert hat.

Das klingt nach einer großen Umstellung. Welche Fähigkeiten haben Sie dabei besonders weiterentwickelt?

Gerade in diesem vielfältigen Umfeld habe ich Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit zum Perspektivwechsel besonders schätzen und weiterentwickeln gelernt. In der Kommunalpolitik begegnet man vielen Interessen: von Bürgerinnen und Bürgern, Vereinen, politischen Gremien, Verwaltung und übergeordneten Stellen. Hier ist es entscheidend, zuzuhören, Kompromisse zu finden und gemeinsam tragfähige Lösungen zu erarbeiten. Führung bedeutet für mich heute, nicht von oben herab zu entscheiden, sondern gemeinsam mit den Menschen den besten Weg zu finden.

Sie haben schon einiges angedeutet. Worauf sind Sie persönlich besonders stolz, wenn Sie auf die bisherigen Projekte blicken?

Besonders freue ich mich, dass wir viele begonnene Projekte erfolgreich fortsetzen und zum Abschluss bringen konnten. Den Ausbau und die Erweiterung der Kinderbetreuung mit drei Kindertagesstätten etwa war und ist ein wichtiger Meilenstein für junge Familien in unserer Gemeinde. Ebenso erfüllt es mich mit großer Freude, dass wir unsere Feuerwehr zukunftsfähig aufstellen konnten, mit moderner Ausstattung und einer aktiven Jugend- und Kinderfeuerwehr, die den Nachwuchs für die wichtige ehrenamtliche Arbeit sichert.

Das Ehrenamt scheint überhaupt eine wichtige Rolle in Hohenahr zu spielen. Wie erleben Sie den Einsatz der Bürgerinnen und Bürger?

Ganz klar: Ohne das Ehrenamt wäre vieles bei uns nicht möglich. Ich erlebe bei zahlreichen Vereinsveranstaltungen und Gesprächen, wie stark der Zusammenhalt hier ist. Menschen engagieren sich in den unterschiedlichsten Bereichen, sei es in Sport-, Kultur- oder Fördervereinen, in den Kirchen oder Hilfsorganisationen. Dieses Engagement ist der „Kitt“, der unsere Gemeinde zusammenhält. Und ich bin sehr dankbar, dass so viele bereit sind, ihre Zeit und Energie für das Gemeinwohl einzubringen. Diese Bereitschaft ist keine Selbstverständlichkeit.

Sie haben bereits die Kinderbetreuung und die Feuerwehr angesprochen. Gibt es noch weitere Projekte, die Ihnen besonders am Herzen liegen?

Ja, neben diesen Bereichen haben wir auch im Bereich der Digitalisierung und Infrastruktur wichtige Schritte gemacht. Die Einführung unserer Dorf-App „Hohenahr Erleben“ beispielsweise hat sich zu einem echten Erfolgsmodell entwickelt. Über 1.050 Bürgerinnen und Bürger nutzen die App inzwischen aktiv. Sie verbessert die Kommunikation innerhalb der Gemeinde, vereinfacht die Vereinsarbeit und stärkt auch die Bürgernähe und die Transparenz unserer Arbeit.

Ein weiteres großes Thema ist der Glasfaserausbau. Wie steht es um den aktuellen Fortschritt?

Hier haben wir gemeinsam mit dem Joint Venture GlasfaserPlus und der Deutschen Telekom bereits große Fortschritte erzielt. In den Ortsteilen Erda und Hohensolms läuft der eigenwirtschaftliche Ausbau, ein weiteres Förderprojekt für die anderen Ortsteile ist in Vorbereitung. Unser Ziel ist es, bis spätestens 2030 flächendeckend Glasfaser in ganz Hohenahr verfügbar zu machen. Das ist von enormer Bedeutung für unsere Zukunft, sei es für Telemedizin, Homeoffice, Bildung oder die Attraktivität unserer Immobilien.

Die Vielzahl der Projekte zeigt, dass auch schwierige Entscheidungen zu treffen sind. Was war für Sie bislang die größte Herausforderung?

Die finanzielle Situation der Kommunen ist sicherlich eine große Herausforderung. Auch wenn wir in Hohenahr solide wirtschaften, werden die Handlungsspielräume zunehmend enger. Besonders schwer fiel mir die Entscheidung, unser Freibad vorübergehend zu schließen. Nach der Winterpause waren die Schäden so gravierend, dass eine kurzfristige Instandsetzung nicht möglich war. Aber wir haben die Planungen für eine Sanierung nun sofort in Angriff genommen, weil uns und den Bürgerinnen und Bürgern diese wichtige soziale und sportliche Einrichtung sehr am Herzen liegt.

Ein weiteres Beispiel für vorausschauendes Handeln ist die interkommunale Ausbildungspartnerschaft. Was steckt dahinter?

Hier arbeiten wir mit den Nachbarkommunen im oberen Aartal zusammen, um gemeinsam junge Menschen für den Beruf der Verwaltungsfachangestellten auszubilden. So bündeln wir Ressourcen, sparen Kosten und bieten gleichzeitig attraktive Perspektiven für den Nachwuchs direkt vor Ort. Diese Kooperation stärkt den ländlichen Raum und sichert die Zukunftsfähigkeit unserer Verwaltungen.

Neben der Verwaltung und den Projekten ist sicher auch Ihr Team im Rathaus eine wichtige Stütze. Wie würden Sie die Zusammenarbeit beschreiben?

Mein Rathausteam ist hochmotiviert, erfahren und äußerst engagiert. Ich bin sehr stolz darauf, ein so eingespieltes Team an meiner Seite zu haben. Wir arbeiten sehr eng und vertrauensvoll zusammen, unterstützen uns gegenseitig. Diese Offenheit und diese Art des Miteinanders sind unbezahlbar.

Kommen wir auf ein Thema, das auch überregional stark diskutiert wird: die Flüchtlingsunterbringung. Wie läuft das in Hohenahr?

Auch wir sind gesetzlich verpflichtet, Geflüchtete aufzunehmen. Mit Unterstützung des Landkreises und dem Unternehmen raumhochvier konnten wir in Erda eine Containerunterkunft für bis zu 56 Menschen errichten. Besonders erfreulich ist die große Bereitschaft der Ehrenamtlichen, die sich sofort engagiert haben, zum Beispiel bei Sprachkursen, Behördengängen oder der Alltagsbegleitung. Viele Geflüchtete sind sehr motiviert, hier Fuß zu fassen und eine neue Perspektive aufzubauen. Und viele heimische Betriebe suchen händeringend Fachkräfte; eine Chance also, von der beide Seiten profitieren können.

Das zeigt, wie vielfältig kommunale Verantwortung ist. Was bedeutet kommunale Demokratie für Sie ganz persönlich?

Kommunale Selbstverwaltung ist für mich gelebte Demokratie auf Augenhöhe. In der Gemeindevertretung, dem Gemeindevorstand und den Ortsbeiräten arbeiten engagierte Bürgerinnen und Bürger mit, um gemeinsam Entscheidungen für unsere Gemeinde zu treffen. Als Bürgermeister verstehe ich mich dabei als Teil dieses demokratischen Prozesses. Entscheidungen entstehen im Dialog und tragen so die Handschrift der gesamten Gemeinschaft.

Gibt es auch Momente, die Sie persönlich überrascht oder schmunzeln lassen haben?

In der Tat: Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal fester Programmpunkt beim Karneval werde, das war nie wirklich mein Ding. Aber mittlerweile stehe ich regelmäßig und mit Freude mit Büttenreden oder Dialogen auf der Bühne des hiesigen Karnevalsvereins. Das bringt viel Freude und zeigt auch: Bürgermeister sein bedeutet eben mehr als nur Verwaltung und Akten.

Schauen wir in die Zukunft: Welche Themen stehen für die zweite Hälfte Ihrer Amtszeit oben auf der Agenda?

Dazu zählen u. a. die Sanierung unseres Freibades, die Erweiterung der Kläranlage in Bischoffen, die Sanierung der Ortsdurchfahrt in Groß-Altenstädten, Umbau des Erdaer Kreuzes zum Kreisverkehr und die Sanierung der L3287 nach Mudersbach, Fortentwicklung der interkommunalen Zusammenarbeit (IKZ) und der Ausbau der Zusammenarbeit mit dem St. Elisabeth Verein.

Und wenn Sie noch einen Blick in das Jahr 2030 wagen: Wo sehen Sie Hohenahr dann?

Ich wünsche mir eine finanziell stabile, gesellschaftlich lebendige Gemeinde mit flächendeckendem Glasfaserausbau und einem weiterhin starken Ehrenamt. Hohenahr soll auch künftig ein attraktives Zuhause für junge Familien, engagierte Bürger und alle, die hier ihre Heimat gefunden haben, bleiben.

Zum Abschluss: Was motiviert Sie, trotz der vielen Herausforderungen Tag für Tag weiterzumachen?

Mich motiviert vor allem der enge Austausch mit den Menschen. Gemeinsam mit der Bürgerschaft, meinem engagierten Team im Rathaus, der Sozialstation, den KITAS, dem Bauhof und den politischen Gremien arbeiten wir an der Weiterentwicklung unserer Gemeinde. Die vielen positiven Rückmeldungen, das vertrauensvolle Miteinander und die sichtbaren Fortschritte geben mir jeden Tag neue Kraft. Hohenahr gemeinsam weiter nach vorn zu bringen, das ist mein Antrieb.